Blog Mainzer Winzer
Samstags in Mainz ist Wein-Zeit. Man trifft sich auf dem Marktplatz, zu Füßen des 1000 Jahre alten Doms, Jung und Alt, in Scharen. Man schwätzt, man isst, aber vor allem wird den Weinen der Weinhauptstadt Mainz gefrönt. Vor 20 Jahren erfand eine kleine Gruppe Mainzer Winzer das Marktfrühstück, heute ist daraus ein Großevent geworden, Kult-Treffpunkt, Anziehungspunkt für die gesamte Region, das bundesweit Nachahmer findet.
"Wir waren Pioniere und unserer Zeit voraus", sagt Sigrid Lemb-Becker, "wir haben ein einzigartiges Stück Wein-Lifestyle ins Leben gerufen." Lemb-Becker ist die Vorsitzende der Mainzer Winzer, vor zwanzig Jahren erfanden zwei Winzer aus ihren Reihen das Marktfrühstück. Ursprünglich war das ein Frühstückstreff für die Besucher des Marktes, auf dem Bäcker und Metzger Esswaren feil boten. Die Anfänge waren simpel: Fleischwurst, Erbsensuppe und Bier waren die wichtigsten Zutaten.
1999 übernahmen die Mainzer Winzer die Ausrichtung des Marktfrühstücks und entschieden, das Setting mal etwas zu verändern: Fortan kam hier auch Mainzer Wein auf den Tisch. "Am Anfang war es ein schwieriger Kampf gegen den Bierstand“, erinnert sich Winzer Hans Willi Fleischer schmunzelnd, "aber der Durchbruch kam sehr schnell." Heute zieht das Marktfrühstück jeden Samstag mehrere hundert oder sogar mehrere tausend Besucher an, die im Schatten des Doms ein oder zwei Schoppen genießen wollen.
"Die Menschen hier sind offen, lebensfroh und gastfreundlich", sagt Lemb-Becker, "sie sind fröhlich und humorvoll." Das Mainzer Traditionsgericht "Weck, Worscht und Woi" wurde weltbekannt durch die Mainzer Fastnacht, Mainz ist die drittgrößte Karnevalshochburg in Deutschland. 500.000 Besucher kommen jedes Jahr zum großen Rosenmontagszug nach Mainz – an der Spitze des Zuges werden "Weck, Worscht und Woi" als Markenzeichen der Stadt stolz vorweggetragen.
Es waren die Römer, die das Weinmachen im großen Stil mit an den Rhein brachten, um 13 vor Christus bauten sie ein Fort direkt hier am Rhein, gegenüber der Mündung des Mains. Seither spielte der Wein eine wichtige Rolle in der Mainzer Stadtgeschichte, Weinberge zogen sich entlang der Hänge zum rheinhessischen Umland – der kleiner Prominentenweinberg zu Füßen der Zitadelle erinnert ebenso an diese uralte Tradition wie die vielen Weinstuben in der Innenstadt.
Ein Weinberg in Mainz-Bretzenheim ist die älteste verzeichnete Weinbergslage, 26 Winzerbetriebe sind heute in Mainz aufgeführt, alle im Süden der Stadt. 2004 gründeten sie den Verein "Mainzer Winzer", es war der Beginn des modernen Weintourismus in Mainz. Die Weinproben "Best of Mainzer Wein" brachten die Weine in die Stadt und öffneten Augen und Münder für die neuen Qualitätssprünge der Produkte.
2008 wurde Mainz Mitglied des weltweiten Netzwerks der Great Wine Capitals, der Titel vertiefte die Beziehungen zur umliegenden Weinregion Rheinhessen enorm – Wein wurde in Mainz allgegenwärtig. Sichtbares Symbol dafür ist der Weinstand am Rheinufer, zu Füßen des Mainzer Rathauses schenken hier die Mainzer Winzer an den Wochenenden reihum ihre Tropfen aus – der neue Wein-Hotspot. "Die Touristen lieben es auch", sagt Lemb-Becker, "sie staunen, wie viel Wein in der Stadt passiert."
Da gibt es natürlich die Weinfeste das Jahr über, den Mainzer Weinmarkt, und sogar einen Wein-Marathon: Vor drei Jahren erfanden die Mainzer Winzer einen Wein-Rundgang durch die Innenstadt entlang der wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Und natürlich darf der Wein auch im Fußballstadion nicht fehlen: Bei Heimspielen des Fußball-Bundesligisten Mainz 05 wird natürlich auch Wein ausgeschenkt. Kein Wunder, dass der Best of Wine Tourism Award 2019 für innovativen Weintourism an die Mainzer Winzer ging.
Über die Bloggerin
Die Journalistin Gisela Kirschstein lebt seit 1990 in Mainz und ist unter anderem für ihre Website Mainz& ständig auf der Suche nach spannenden Themen aus Mainz und Rheinhessen. 2015 gewann sie den internationalen Bloggers' Contest der Great Wine Capitals.