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Blog Weingut Espenhof: Die perfekte Harmonie von Weingut, Essgut, Schlafgut

Dies ist, wo Rheinhessen am schönsten ist: Steile Hügel, bedeckt mit Weinbergen und gekrönt von Windrädern, kleine Dörfer, die sich in Senken kuscheln, überragt von imposanten Kirchen. "Der Cabernet ist noch nicht ganz reif", sagt Lena Appelmann kritisch, und pflückt eine Traube prallvoller, roter Beeren aus dem Weinberg gleich neben unserem Picknicktisch. Die Trauben schmecken wundervoll, aber das ist nicht genug: Perfekt muss das Weinerlebnis hier sein, und für perfekten Service mit Bett, Essen und Weinerkundung gewann der Espenhof den Best of Wine Tourism Award der Great Wine Capitals 2016.

"Weingut, Essgut, Schlafgut" lautet der Slogan der Espenschied-Familie, und "Gut" meint hier Exzellenz und Landgut zugleich. Es war 2001, als Wilfried Espenschied und seine Familie entschieden, dass Weinmachen allein nicht genug ist. Nach ausgiebigen Weinproben wollten die Gäste einfach mehr: Essen, ein Bett. Und da gab es doch die Alte Post gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite, ein typisches Rheinhessen-Anwesen mit Backsteinen und einem verwunschenen kleinen Hof...

Heute gehört der Espenhof zu den Top-Restaurants und -Hotels von Rheinhessen, überschüttet mit Preisen. Vor zwei Jahren erweiterte ein Neubau die Zahl der Zimmer auf 20, die hochmoderne Fassade zur Straße hin ist mit bronzefarbenen Weinblättern dekoriert. Das Innere ist eine organische und ökologische Verbeugung vor dem Wein: Die Kopfteile der Betten sind aus alten Fassdauben, der Fußboden ein Traum aus Holz, auf dem die weiße Badewanne mitten im Eingang zu schweben scheint. "Save water, drink Riesling" empfiehlt die Glas-Trennwand zur Dusche.

"Sie müssen den Riesling probieren", sagt meine Gastgeberin Lena, die Tochter der Espenschieds. Ihr Bruder Nick, Meister des Kellers seit 2009, nennt sich selbst lieber Wein-Caretaker statt Weinmacher, während sich Lena um Restaurant, Hotel und Jedermanns Wohlbefinden kümmert. Wenn nötig, fährt sie auch fünfmal am Tag das Gourmet Picknick hinauf auf den Hügel über dem Weingut, zum Picknicktisch neben dem Cabernet. In unserem Rücken schlummert ein uralter jüdischer Friedhof, zu unseren Füßen wächst der berühmte LaRoche Riesling.

"Dem Graf de la Roche gehörte einst die Lage hier", erzählt Lena. Vor 200 Jahren kamen die Franzosen mit Napoleon an den Rhein und hinterließen einen tiefen Nachhall in Rheinhessen. "Meine Großeltern benutzten noch französische Wörter wie Chaussee, Vis-à-Vis oder Chaiselongue, jeden Tag", sagt Lena.

Vielleicht lieben sie deshalb edles Gourmet Essen hier so sehr, im Gegensatz zum so viel rustikaleren pfälzischen Essen der Nachbarn im Süden. Auf dem Espenhof servieren sie ein Carpaccio von der Black Tiger Riesengarnele mit Mangochutney oder rosa gebratenes Rinderpaillard auf Olivengnocchi. "Gute Weine werden geehrt durch gutes Essen", sagt Lena – das ist hier Prinzip. "Wir wollen die größtmögliche Harmonie erzielen."

Und das tun sie: Sobald man den Wagen auf dem kleinen, versteckten Parkplatz hinter dem Restaurant abgestellt hat, wird man umsorgt. Die Zimmer sind direkt auf der anderen Seite des Hofes oder gerade über die Straße, die Wände im Restaurant strahlen sanft in den Farben Rheinhessens, bemalt nach den Ideen Friedrichs von Garniers, der die Fassaden von Industriegebäuden mit Farbe revolutionierte. Im Hof warten E-Bikes zum Erkunden der Hügellandschaft, in den Zimmern Postkarten der Weinberge darauf, verschickt zu werden. Das Picknick ruft.

Der Blick von der Picknicktafel streift weiße Trulli, jene spitze Weinbergshäuschen, die einst im 18. Jahrhundert von apulischen Arbeitern der Steinbrüche Flonheims errichtet wurden. Der Boden der Weinberge besteht aus demselben roten Ton wie der berühmte Rote Hang von Nierstein. Hier, im Hinterhof Rheinhessens, sind die Weine genauso voller edler Frucht und Mineralik wie an der Rheinfront, auch wenn die Lagen nicht als Große Gewächse registriert sind. Lena zuckt nur die Schultern, die Menschen hier, sie sind eigensinnig, bodenständig, innovativ. "Der Rheinhesse würde nie einem Guru hinterher laufen", sagt sie nur, "wir machen unser eigenes Ding, das macht uns glücklich." Tu felix Rheinhessen!

Über die Bloggerin

Die Journalistin Gisela Kirschstein lebt seit 1990 in Mainz und ist unter anderem für ihre Website Mainz& ständig auf der Suche nach spannenden Themen aus Mainz und Rheinhessen. 2015 gewann sie den internationalen Bloggers' Contest der Great Wine Capitals.