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Hanns-Josef Ortheil, Mainzer Stadtschreiber 2000/2001

Hanns-Josef Ortheil, Mainzer Stadtschreiber 2000/2001
Hanns-Josef Ortheil, Mainzer Stadtschreiber 2000/2001© Quelle: Wikipedia

Hanns-Josef Ortheil wurde als fünfter Sohn der Bibliothekarin Maria Katharina Ortheil (1913–1996) und des Geodäten und späteren Bundesbahndirektors Josef Ortheil (1907–1988) in Köln geboren. Die Eltern hatten während des Zweiten Weltkriegs zwei Söhne und in den ersten Nachkriegsjahren wiederum zwei Söhne verloren.
Angesichts dieser Todesfälle war Ortheils Mutter mit der Zeit immer schweigsamer und schließlich stumm geworden, sodass Ortheil in seinen ersten Kinderjahren mit einer sprachlosen Mutter aufwuchs und im Alter von etwa drei Jahren für einige Zeit selbst zu sprechen aufhörte. Er lernte deswegen erst mit sieben Jahren sprechen.

In einem Fernsehstudio-Gespräch in der WDR-Sendung Planet Wissen erzählte Ortheil im Oktober 2013, sein erster Satz sei gewesen: „Gib mal her!“, als er beim Fußballspiel zweier Jungen den Ball haben wollte. Eine Erlösung von dem stark introvertierten und mutistischen Kinderleben brachte dem Vierjährigen der Beginn des Klavierunterrichts, den er zunächst von seiner Mutter erhielt.

Von 1956 an wurde Ortheil von Pianisten und Musikpädagogen unterrichtet, so etwa von dem Pianisten und Musiktheoretiker Erich Forneberg und später von der Pianistin und Arrau-Schülerin Daniela Ballek. Als Pianist machte Ortheil rasch Fortschritte und wollte diese Laufbahn beruflich einschlagen. Massive, immer wiederkehrende Sehnenscheidenentzündungen zwangen ihn jedoch während zweier Rom-Aufenthalte in den frühen siebziger Jahren, in denen er am römischen Konservatorium studierte und als Organist an der Kirche Santa Maria dell’Anima seinen Lebensunterhalt verdiente, zur Aufgabe dieses Berufswunsches. Nach Kinder- und Jugendjahren in Köln, im Westerwald, in Wuppertal und Mainz machte Ortheil das Abitur am Mainzer Rabanus-Maurus-Gymnasium und studierte zunächst in Rom Kunstgeschichte und später an den Universitäten von Mainz, Göttingen, Paris und Rom Musikwissenschaft, Philosophie, Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft.

Während seines Studiums in den siebziger Jahren arbeitete er als Film- und Musikjournalist für die Mainzer „Allgemeine Zeitung“ und später (seit den achtziger Jahren) als Feuilletonist und Literaturkritiker u.a. für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, Die Zeit, „Die Welt“, den „Rheinischen Merkur", den „Spiegel“ und die „Neue Zürcher Zeitung“.

1976 wurde er mit einer Dissertation zur Theorie des Romans im Zeitalter der Französischen Revolution am Deutschen Institut der Universität Mainz promoviert. Von 1976 bis 1982 war er dort wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie von 1982 bis 1988 Hochschulassistent.

1979 debütierte er als Schriftsteller mit dem Roman Fermer, für den er den ersten „Aspekte“-Literaturpreis des ZDF für „das beste Debüt“ der Saison erhielt. 1983 heiratete er die Verlegerin Imma Klemm, die Enkelin des expressionistischen Lyrikers Wilhelm Klemm, dem er eine Monographie widmete. Von 1988 bis 1990 war er freier Schriftsteller.

1991 erhielt er das Stipendium der Deutschen Akademie Villa Massimo Rom und lebte seit dieser Zeit wieder häufiger in Rom. Dort nahm Ortheil während eines zweiten Villa-Massimo-Aufenthaltes im Jahr 1993 auch seine frühere Konzerttätigkeit wieder auf und spielte in privatem, aber auch in öffentlichem Rahmen.

1990 erhielt er eine Dozentur für Kreatives Schreiben und Gegenwartsliteratur an der Universität Hildesheim, wo er 1999 den Studiengang „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“ gründete. Hieraus gingen jüngere Schriftstellerinnen und Schriftsteller hervor, etwa Mariana Leky, Paul Brodowsky, Thomas Klupp, Sebastian Polmans, Kevin Kuhn und Leif Randt. 2003 wurde er ebenfalls in Hildesheim Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus; er führte den Studiengang nun zusammen mit Kollegen und Mitarbeitern erfolgreich weiter.

2008 wurde Ortheil erster Direktor des neu gegründeten „Instituts für Literarisches Schreiben und Literaturwissenschaft“ der Universität Hildesheim, das sich der Förderung junger Autoren in Theorie und Praxis widmet und in der Forschung alle Aspekte von Schrift und Schreiben untersucht.

Neben seiner Lehrtätigkeit an der Universität Hildesheim war Ortheil Poetik-Dozent an der Washington University in St. Louis/USA sowie an den Universitäten von Paderborn, Bielefeld, Heidelberg, Zürich und Bamberg. Ortheil ist Honorarprofessor der Universität Heidelberg sowie Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München. Seit 2012 ist er Kurator des Gargonza Arts Award.

(Quelle:Wikipedia)